Psychologie im Cost Engineering

Wie der Falsche-Konsens-Effekt ihren Gewinn auffrisst

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Das Cost Engineering ist eine Schnittstellenfunktion zu allen Fach- und Führungskräften im Projekt. Neben der Fähigkeit die wesentlichen Tools zur Kostenkalkualtion und -optimierung zu beherrschen gehören aus meiner Sicht auch die Disziplinen der Psychologie. Wir haben zwar mit Zahlen und Bauteilen zu tun. Dem Menschen messe ich gleichviel, wenn nicht sogar mehr Gewicht zu.

In dieser Blogkategorie soll es um den Menschen gehen und darum, warum Menschen so handelt, wie Sie handeln. Cost Engineering trifft Psychologie.

Viel Spaß beim lesen!

Wie der Falsche-Konsens-Effekt ihren Gewinn auffrisst

Wir unterliegen Ihm privaten und auf Arbeit. Ganze Abteilungen und Unternehmen können in seine Fänge geraten. Der Falsche-Konsens-Effekt den Lee Ross entdeckte und im Jahr 1977 mit zwei Kollegen veröffentlichte beschreibt das Phänomen, dass eine Person denkt, dass die Mehrheit genauso Handel würde, wie sie selbst. Der Falsche-Konsens-Effekt kann dafür sorgen, dass Unternehmer, Fach- und Führungskräfte, ganze Abteilungen und Unternehmen zu überzeugt von Ihren eigenen Produkten sind wobei die Mehrheit der Kunden am Markt das Gegenteil denken.

Wie der Falsche-Konsens-Effekt entdeckt wurde, was er für Ihre Produktkosten, Gewinn und Wettbewerbsfähigkeit bedeutet und wie wir Sie dem schlechten Einfluss etwas entgegensetzten können klären wir in diesem Artikel.

Die 67% Story

Es war im Jahr 1977 in Stanford, Kalifornien. Der in Kanada geboren und in den USA lebende Psychologe Lee David Ross ist schon seit einigen Jahren einem Phänomen auf der Spur das er und zwei Kollegen nun endlich wissenschaftlich belegen möchte. Er tüftelt schon seit einigen Monaten an einem Experiment das seine Vermutungen bestätigen soll.

Die Tür geht auf und ein Student kommt in das schlichte Büro des Professors. Die Universität in Stanford ist ein Komplex ehrwürdiger Gebäude mit Tradition. Sandsteinfarbene Mauern, rote Ziegeldächer, Arkadengänge verziert mit Rundbögen, hellblauer Himmel, Sonne, Palmen. Gegründet wurde die Stanford Universität 1891 von dem Ehepaar Standford in Andenken an Ihren einzigen verstorbenen Sohn. Eine der Besten Universitäten des Landes und der Welt. Für Studenten ist es eine Ehre hier studieren zu können. Für Professoren ist es eine Ehre hier lehren und forschen zu dürfen. Beide schütteln sich die Hände und setzen sich.

»Ich bin hier wegen des Jobs« begann der Student. Der Professor nickte. »Sie haben es bereits auf dem Aushang gelesen nehme ich an. Sie nehmen diesen Schild hier.« Er deutete in die eine Ecke des Arbeitszimmers. Dort stand ein selbstgebautes Schild in Sandwich Bauweise. Der Träger konnte das Schild anziehen um damit umherlaufen zu können. Auf dem vorderen und hinteren Schild stand jeweils in schwarzer dicker Schrift Essen Sie bei Joe’s. Professor Ross blickte vom Schild zurück zu dem Studenten und setzte seine Instruktionen fort. »Ziehen Sie das Schild bitte an und laufen Sie in der nächsten Mittagspause für 30 Minuten über den Campus. Ich habe Ihnen hier eine Tabelle vorbereitet. Notieren Sie sich bitte, wenn Sie angesprochen werden. Schreiben Sie dann das Geschlecht der Person auf und ob das gesagte positiv, negativ oder neutral war. Und hier haben Sie noch einen Plan auf dem die Route eingezeichnet ist.« Er schob dem Studenten die Karte sowie ein Notizblatt herüber. »Sie tuen uns einen großen gefallen mit dieser Arbeit und haben die Chance eine interessante Erfahrung zu machen. Wenn Sie fertig sind kommen Sie wieder zu mir.« endete der Professor. Beide tauschte noch einige Worte aus. Dann verließ der Student das Büro mit dem Holzschild.

Etwas später zur Mittagspause, der Campus füllte sich voller Studenten, beobachtete Professor Ross zufrieden, wie der Student mit dem um gehangenen Schild über den Campus die besprochene Route abläuft.

Nach dem die 30 Minuten vergangen sind stand der Student nach getaner Arbeit mit Schweißperlen auf der Stirn in seinem Büro. »Setzen Sie sich bitte.« sagte der Professor. »Vielen Dank, dass Sie die Mühe auf sich genommen haben.« fuhr Ross fort und sichtete den Notizzettel den der Student ordnungsgemäß, während seiner Tour, ausgefüllt hatte. »Können Sie mir bitte noch eine Frage beantworten?« Der Student willigt höflich ein und nickte. »Was denken Sie. Wieviel Prozent Ihrer Kommilitonen würden diesen Job ebenfalls annehmen und wieviel würde den Job ablehnen?« Ross notiert beide Zahlen die insgesamt 100% ergaben. »Danke für Ihre Dienste.« Beide verabschieden sich.

Nachdem die Tür geschlossen wurde widmet sich Ross einer Tabelle. Sorgfältig trug er die Aussage des Studenten ein. Interessiert guckte er auf die Verteilung. Scheinbar würden die Studenten, die das Schild trugen, davon ausgehen das 67% der Kommilitonen diesen Job auch annehmen würden. Andersherum gingen die Studenten, die den Job ablehnten davon aus, dass 67% der Kommilitonen diesen Job ebenfalls ablehnen würden. Die Zahlen der Ablehnungen und Einwilligungen glichen sich aus. Von 100 Studenten lehnten 50 den Job ab und 50 sagten zu.

Die Studenten schließen von sich auf andere und denken sie wären in der Mehrheit…der Falsche-Konsens-Effekt war belegt.

Es sollten sich noch einige Experimente anschließen bis Ross und seine Kollegen Greene und House 1977 die Ergebnisse von vier Studien, Studie 3 befasste sich mit dem Sandwichschild, im Journal of Expermital Social Psychology veröffentlichten.

Was der Falsche-Konsens-Effekt für Auswirkungen auf den Erfolg Ihres Unternehmens hat

Dieser Test wurde nach der Entdeckung mehrmals wiederholt und publiziert.

Hier sind einige Erklärungen, warum scheinbar jeder Mensch auf den Falschen-Konsens-Effekt hereinfällt:

  • Der Mensch möchte nicht anders sein als andere Menschen.
  • Menschen bewegen sich gerne in einer Gemeinschaft von Menschen die ähnlich handeln, denken und reagieren
  • Es wird angenommen, dass Menschen andere Menschen ausschließen, wenn sie glauben, dass sie nicht die gleiche Meinung teilen

Der Flasche-Konsens-Effekt führt zu einer überzeugten und starken Haltung gegenüber einer Sache oder Handlung, wie das Beispiel mit der Sandwichtafel und den Studenten zeigt. Der Student überschätze den Anteil der Personen die auch das Schild auf dem Campus tragen würden. Den Mut brauchen wir um uns wohl zu fühlen und die vor uns liegende Situation durchzustehen. Die Allgemeinheit hinter sich zu wissen ist ein gutes Gefühl und motiviert.

Es ist sehr wahrscheinlich, dass Sie als Unternehmer, Fach- oder Führungskraft, dem Falschen-Konsens-Effekt unterliegen. Natürlich müssen Sie von Ihrem Produkt überzeugt sein damit Sie es verkaufen können und motiviert an die Arbeit gehen. Als Entwickler sind Sie natürlich vom Produkt überzeugt, an dem Sie arbeiten, oder das Sie selber entwickelt haben.

Gefährlich wird es, wenn Sie sich nicht hinterfragen. Tappen Sie in die Falle und glauben, dass die Funktion um die Sie das Produkt erweitert haben den meisten Kunden auch gefallen würde, kostet das Ihr Unternehmen sehr viel Geld. Wenn der überwiegende Teil der Kunden Ihre Sicht nicht teilt und nicht bereit ist für die zusätzliche Funktion Geld zu bezahlen, haben wir ein unwirtschaftliches Produkt. Ein unwirtschaftliches Produkt gefährdet die Zukunft- und Überlebensfähigkeit Ihres Unternehmens.

Und eigentlich wollten Sie nur das beste, in dem Sie die Entscheidung für die neue Funktion getroffen haben.

Wie Sie dem Falschen-Konsens-Effekt entgehen können

Ich möchte Ihnen hier drei Möglichkeiten nennen, wie Sie vermeiden können, in die Falle des Falschen-Konsens-Effekt zu geraten.

  • Zum einen kennen Sie jetzt den Effekt. Sie müssen sich Ihn allerdings immer wieder ins Gedächtnis rufen. Hinterfragen Sie sich in einer ruhigen Minute. Sie können sich im Terminkalender feste Zeiten setzten. Es reichen schon einige Minuten bewusstes Nachdenken und kritisches Hinterfragen um das Risiko zu verringern dem Falschen-Konsens-Effekt zu erliegen. Sie sollen nicht zum Größen Zweifler mutieren. Überzeugung und Selbstvertrauen ist unabdingbar, wenn Sie vor dem Kunden oder in Ihrem Unternehmen bestehen wollen. Eine gesunde Selbstreflektion ist jedoch viel Wert und wird Sie weiterbringen, da Sie das Unternehmen mit Ihrem Handeln nicht in Schieflage bringen.
  • Setzen Sie auf Marktforschung, wenn es um ein neues Produkt geht und testen Sie den Minimal Funktionsfähigen Prototypen (MVP) in der Zielgruppe. Wenn Sie bestehende Produkte weiterentwickeln, dann halten Sie sich an das Lastenheft oder fragen den Kunden ob Ihm diese zusätzliche Funktion oder ein höherwertiges Material auch die Mehrkosten wert ist. Warten Sie mit der Umsetzung, bis Sie vom Kunden bestätigt bekommen, dass er Ihnen die Mehrkosten auch erlösen wird.
  • Holen Sie sich für ein Projekt einen unabhängigen Sparringspartner. Er hat den externen Blick und die nötige Distanz zum Produkt. Er kann Methoden einbringen die aufzeigen, wieviel dem Kunden eine Funktion an Ihrem Produkt Wert ist. Ebenfalls kann er bei der Durchsetzung von Kosten ggü. Kunden oder Lieferanten helfen. In der Geschichte Des Kaisers neue Kleider war es zwischen all den Erwachsenen das Kind, das den Schwindel in Frage stellte.

Eine interessante Beobachtung, die ich unter meinen Studenten machen konnte war die, dass eine nach wenigen Monaten Projektarbeit Betriebsblindheit und der Falsche-Konsens-Effekt Einzug hielt. Das Team kalkulierte ein selbstkonstruiertes Bauteil und fand während der Phase in der Sie Transparenz schaffen sollten, schon einige Ideen zur Optimierung. Sie kamen dann in der offiziellen Phase, in welcher durch Kreativitätsmethodiken und Kostenoptimierungsworkshops Ideen gesammelt werden sollten, zu dem Schluss, dass das Bauteil schon das Optimum sei.

Sie planten einen Workshop und luden Studenten ein, welche noch nichts mit dem Produkt zu tun hatten. Letztendlich fand die Gruppe mit externer Hilfe eine Maßnahme, welche die Bauteilkosten nochmals um einen Faktor 8 reduzierte. Der Kunde konnte nun auswählen. Eine schnelle Prozesszeit mit einem teureren Produkt oder ein günstiges Produkt mit einer etwas langsameren Prozesszeit.

Gehen Sie also davon aus, dass Sie Ihre Meinung in den meisten Fällen überschätzen. Prüfen Sie ob dem so ist, dann können Sie Fehlentscheidungen vermeiden, Kosten senken und den Profit erhöhen.

BG

Ihr Sebastian Möller

 

Wissenschaftlich beruht der Inhalt des vorliegenden Artikels auf den von Ross und seiner Kollegen Greene und House veröffentlichen Studien aus dem Journal of Experimental Social Psychology von 1977.

Um unseren Lesern ein besseres Lesegefühl zu geben und manchmal eher trockenen die Informationen so zu verpacken, dass Sie einfacher zu Merken sind greifen wir auf Elemente des Storytellings zurück. Wenn Sie den kompletten wissenschaftlichen Artikel lesen möchten können Sie diesen unter folgendem Link erreichen:

https://web.archive.org/web/20150927120010/http://web.mit.edu/curhan/www/docs/Articles/biases/13_J_Experimental_Social_Psychology_279_%28Ross%29.pdf

 

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